Original-Research: Cherry SE - von Montega AG
Einstufung von Montega AG zu Cherry SE
Unternehmen: Cherry SE
ISIN: DE000A3CRRN9
Anlass der Studie: Update
Empfehlung: Halten
seit: 02.05.2024
Kursziel: 2,50 EUR (zuvor: 2,10 EUR)
Kursziel auf Sicht von: 12 Monaten
Letzte Ratingänderung: -
Analyst: Miguel Lago Mascato
Q1 besser als erwartet - Wachstumsambitionen anspruchsvoll
Cherry hat jüngst vorläufige Q1-Zahlen veröffentlicht. Zuvor
informierte das Unternehmen über die vollständige Abschreibung des
noch vorhandenen Goodwills. Die hierdurch verzögerte
Abschlussprüfung des neuen Auditors führte dazu, dass der Vorstand
die Vorlage des GB auf den 22. Mai verschoben hat. In Form eines
Analyst Days informierte das Management über die andauernde
Restrukturierung, die Entwicklungen in Q1 und die
Wachstumsambitionen.
Goodwill wird vollständig abgeschrieben: Nachdem mit dem
Jahresabschluss 2022 bereits 30 Mio. EUR an Goodwill-Impairments
durchgeführt wurden, entschieden sich Unternehmensführung und
Wirtschaftsprüfer auch für das Jahr 2023 zu einer Abschreibung des
verbliebenen Geschäftswertes (Stand 31.12.22: ca. 79 Mio. EUR),
womit nunmehr kein weiteres Risiko für Impairments besteht. Laut
ad-hoc Mitteilung schließt man mit diesem Schritt mit den
historischen Annahmen zur zukünftigen Unternehmensentwicklung
ab.
Jahresauftakt überrascht insgesamt positiv: Mit einem
Konzernerlös von 30,3 Mio. EUR übertraf Cherry sowohl die erstmals
auf Quartalssicht gegebene Guidance (29,0 Mio. EUR) als auch den
Analystenkonsens (28,3 Mio. EUR; MONe: 29,0 Mio. EUR). Seit dem 01.
Januar berichtet das Unternehmen in drei Segmenten: Components,
Gaming & Office Peripherals (GOP) und Digital Health &
Solutions (DHS). Der Jahresauftakt gestaltete sich im
letztgenannten Bereich u.a. aufgrund des bundesweit verpflichtend
eingeführten e-Rezeptes äußerst positiv und verdoppelte sich
annähernd (8,0 Mio. EUR; +77,8% yoy). Um Verluste im Segment
Components einzudämmen, entschied das Management auf unrentable Top
Line-Beiträge zu verzichten, wodurch der Segmentumsatz im neunten
Quartal in Folge rückläufig war (1,7 Mio. EUR; -58,5% yoy). Für Q2
stellte der Vorstand hier ebenfalls eine 'konservative' Enwicklung
in Aussicht, bevor in H2 die Erlösdynamik dank der MX2-Generation
einsetzen soll. Auch bei GOP galt die Devise 'weniger ist mehr',
wenngleich der Erlös immerhin leicht um 2,5% yoy auf 20,6 Mio. EUR
gesteigert werden konnte. Die disziplinierte Umsatzgenerierung
führte dazu, dass alle Segmente bis auf GOP (2,2 Mio. EUR; -15,3%
yoy) ihre EBITDA-Beiträge im Jahresvergleich steigerten und auf
Konzernebene hier 0,8 Mio. EUR (Marge: 2,8%) nach Q1 zu Buche
standen, womit auch die Profitabilität deutlich über dem Konsens
(1,3%) und der Guidance (0,0%) lag.
Sequenzielles Wachstum für Q2 erwartet: Weiterhin kommunizierte
der Vorstand die Q2-Guidance. Diese sieht einen Umsatz über Vorjahr
(32,7 Mio. EUR) und eine bereinigte EBITDA-Marge von 5,0% (Vj.:
13,8%) vor. Wir haben im laufenden Quartal Umsätze von 35 Mio. EUR
und eine ber. EBITDA-Marge von 4,0% berücksichtigt und bilden damit
eine Top Line-Steigerung ggü. Vorjahr ab, während die
Profitabilität ggü. der starken Vorjahresbasis schwach bleiben
sollte. Sequenziell entspräche das Q2 damit einer Top
Line-Steigerung von 15,5% qoq und einer Margenverbesserung von 1,3
PP qoq.
Key Takeaways des Strategieupdates: Im größeren Part des Analyst
Day stellte das Management die Fortschritte des
Restrukturierungsprogramms dar. So schreitet dieses schneller voran
als geplant, was sich auch in der bereits erfolgten
Produktionsverlagerung der MX2-Produktion zum chinesischen
Subcontractor manifestiert und Einsparungen auf der Personalseite
am Standort Auerbach von rund 6 Mio. EUR mit sich bringt. Der
deutsche Standort fokussiert sich nunmehr verstärkt auf die
Entwicklung neuer MX-Switches. Die dritte MX-Generation soll
bereits 2025 an den Markt gehen, nachdem MX-1 39 Jahre am Markt war
und MX-2 dann 3 Jahre, was die durch den intensivierten Wettbewerb
deutlich reduzierten Entwicklungszyklen in dem Segment offenbart.
Neben dem Umbau des Schalter-Geschäftes hat der Vorstand im Segment
GOP eine drastische Verkleinerung auf ca. 500 Produkte (zuvor:
1.500) beschlossen. Weitere Maßnahmen bei Material und in anderen
Bereichen sollen 3,1 Mio. EUR an Einsparungen bewirken. Durch eine
verkleinerte Organisation erwartet Cherry jährliche
Personalkosteneinsparungen von 5,5 Mio. EUR. Nach erfolgter
Restrukturierung sollen SG&A ca. 30% (2024e) bzw. 20% (2025f.)
des Umsatzes betragen. Bisher liegt die Quote bei 37%. Insgesamt
ergibt sich über alle Posten hinweg hieraus eine Kostenreduktion
von 13,2 Mio. EUR p.a. Alle Segmente sollen auf ber. EBITDA-Ebene
in 2024 ein positives Ergebnis erzielen. Die Restrukturierung wird
auch aus Liquiditätssicht notwendig. Seit dem IPO
(Bruttoemissionserlös: 416 Mio. EUR) sank der Cash-Bestand auf 31,1
Mio. EUR (Q1). Für 2024 sollen die operativen Maßnahmen und die
Erholung der Top Line zu einem ausgeglichenen FCF führen. Laut
Vorstand sind mit der Hausbank für Q2 Tilgungen von 10 Mio. EUR
vereinbart worden.
Wachstumsaussichten der Segmente dargelegt: Neben des Updates zu
zentralen Punkten der Restrukturierung gewährte das Management
Einblicke in die Selbstanalyse der Positionierung in den zentralen
Märkten sowie die resultierenden Wachstumsambitionen und
-treiber:
Für 2024 erwartet das Management im Components Segment Erlöse
von 18 Mio. EUR (+66,7% yoy), v.a. aufgrund einer Belebung des
Geschäftes in H2. Normalisierte Channel-Lagerbestände und ein neuer
Zyklus von Kundenkäufen nach dem Ende der Corona-Pandemie sind die
Hebel hierfür. In 2025 stellt das Unternehmen Segment-Erlöse von 31
Mio. EUR in Aussicht. Wir positionieren uns für beide Jahre (2024:
13,0 Mio. EUR; 2025: 16,2 Mio. EUR) deutlich konservativer. Im
laufenden Jahr nehmen wir ebenfalls einen deutlichen Anstieg der
Segment-Umsätze (+20,0% yoy) an. Da bisher neben der
OEM-Kooperation mit Medion keine weiteren Partner unter Vertrag
genommen werden konnten und die Markterwartungen insgesamt u.E.
eher zurückhaltend sind (FY-Guidance Logitech: 0-2% Top
Line-Wachstum), bleiben wir unterhalb der Managementerwartung
positioniert. Das Wachstum in 2025 von 18 Mio. EUR auf 31 Mio. EUR
(+72,2% yoy) impliziert einen stärkeren Zuwachs als während der
Pandemiejahre, wofür uns aktuell die Visibilität fehlt. Bei der
Profitabilität soll durch die Einführung der zweiten
Switch-Generation die bisherige Preisqualität zurückkehren. Dieser
Effekt wird durch die Produktionsverlagerung von MX2-Switches für
Drittprodukte nach China unterstützt.
Für GOP adressiert das Unternehmen definierte geografische
Kernmärkte, die durch Vertriebspartner intensiv bearbeitet werden
sollen. Vor allem in China und den USA, wo Cherry in den beiden
Endmärkten über Marktanteile im niedrig einstelligen Prozentbereich
verfügt, plant das Management seine Relevanz auszubauen.
Mittelfristig soll dies zu einem Wachstum führen, welches in etwa
auf dem Niveau des von Dataintello erwarteten Wachstums von 8,0%
p.a liegt (MONe 23-26: 7,5% p.a.). Durch die Verschlankung des
Produktportfolios bei gleichzeitig steigender Umsatzbasis soll hier
die Margenentwicklung begünstigt werden. Zudem wurden laut
Interim-CFO zum 01. April die Preise in diesem Segment erhöht.
Im Segment DHS dürfte in 2024 die Abarbeitung der attraktiven
Pipeline für e-Health-Terminals zu einem dynamischen Wachstum
führen. Der Großkunde Compugroup, der u.E. für einen deutlichen
Anteil des Terminal-Umsatzes steht, hat bei Cherry Bestellungen für
insgesamt 20 Tsd. Geräte platziert. Das Unternehmen möchte 2024 35
bis 40 Tsd. Geräte absetzen. Mit unserer Prognose für 2024 (28,8
Mio. EUR; +25,0% yoy) und bei einem Preispunkt von ca. 630 EUR je
Terminal bilden wir eine Realisierung am oberen Ende ab und
erwarten lediglich Umsatzbeiträge im niedrig einstelligen Mio.
EUR-Bereich abseits des deutschen e-Health Marktes (bspw. Hygiene-,
Security-Tastaturen in USA). Den globalen Markt für medizinisch
relevante Eingabegeräte beziffert der Vorstand auf 2,2 Mrd. USD in
2027.
Durch die Ausführungen des Vorstands während der Präsentationen
erhöht sich für uns profitabilitätsseitig die Visibilität für einen
Erholungskurs, was sich in einer erhöhten Ergebnisprognose in 2025
(Marge: +5,0 PP yoy) und 2026 (+2,3 PP yoy) reflektiert.
Langfristig lassen wir unsere Prognosen in diesen Punkten
unverändert. Für 2024 bleiben wir umsatzseitig noch konservativ
unter der Guidance positioniert und bilden die Realisierung der
EBITDA-Guidance (MONe: 7,0% adj. EBITDA-Marge) ab.
CAPEX-Prognose reduziert: Im Zusammenhang mit der
Schalter-Produktions-verlagerung und der Einführung
liquiditätsschonender Maßnahmen teilte der Vorstand ebenfalls die
CAPEX-Erwartungen für 2024 i.H.v. 10 Mio. EUR mit, was deutlich
unter unserer bisherigen Erwartung von 21,0 Mio. EUR (inkl.
Leasingzahlungen) liegt. Unter der Annahme von ca. 17 Mio. EUR
CAPEX (inkl. Leasingzahlungen) p.a und einer langfristigen
CAPEX-Quote von 11% (zuvor: 12,8%) haben wir unsere Erwartungen
hierzu deutlich reduziert und auch die langfristige
Abschreibungsquote angepasst.
Fazit: Der Cherry-Vorstand beweist Entschlossenheit, die
operative Lage des Konzerns deutlich zu verbessern und macht mit
den vorläufigen Q1-KPIs, der gesteigerten Transparenz in Form des
Strategieupdates und dem Q2-Ausblick einen ersten Schritt in die
richtige Richtung und erhöht die Visibilität für eine anhaltend
positive Geschäftsentwicklung in 2024. Die eigene Cash
Flow-Prognose lässt u.E. hingegen wenig Raum für Abweichungen von
diesem Plan. Die Entwicklung der Liquiditätssituation steht, neben
den angekündigten operativen Erfolgen der nächsten 6 Monate, im
Fokus. Die erfolgreiche Umsetzung operativer Maßnahmen zur
Stabilisierung der Geschäftstätigkeit ist u.E. jedoch weitgehend im
Kurs reflektiert, weshalb wir unser Rating (Halten) trotz eines
erhöhten Kursziels nach Umsetzung der erwähnten Anpassungen von
2,50 EUR (zuvor: 2,10 EUR) bestätigen.
+++ Diese Meldung ist keine Anlageberatung oder Aufforderung zum
Abschluss bestimmter Börsengeschäfte. Bitte lesen Sie unseren
RISIKOHINWEIS / HAFTUNGSAUSSCHLUSS unter http://www.montega.de
+++
Über Montega:
Die Montega AG ist eines der führenden bankenunabhängigen
Researchhäuser mit klarem Fokus auf den deutschen Mittelstand. Das
Coverage-Universum umfasst Titel aus dem MDAX, TecDAX, SDAX sowie
ausgewählte Nebenwerte und wird durch erfolgreiches Stock-Picking
stetig erweitert. Montega versteht sich als ausgelagerter
Researchanbieter für institutionelle Investoren und fokussiert sich
auf die Erstellung von Research-Publikationen sowie die
Veranstaltung von Roadshows, Fieldtrips und Konferenzen. Zu den
Kunden zählen langfristig orientierte Value-Investoren,
Vermögensverwalter und Family Offices primär aus Deutschland, der
Schweiz und Luxemburg. Die Analysten von Montega zeichnen sich
dabei durch exzellente Kontakte zum Top-Management, profunde
Marktkenntnisse und langjährige Erfahrung in der Analyse von
deutschen Small- und MidCap-Unternehmen aus.
Die vollständige Analyse können Sie hier downloaden:
http://www.more-ir.de/d/29587.pdf
Kontakt für Rückfragen
Montega AG - Equity Research
Tel.: +49 (0)40 41111 37-80
Web: www.montega.de
E-Mail: research@montega.de
LinkedIn: https://www.linkedin.com/company/montega-ag
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